Zum Hauptinhalt springen
Einblick

Mit High-Tech die Meere erforschen

Bis zu mehrere tausend Meter tief, dunkel, salzig und kalt: Die Meere und ihre Bewohner sind kein einfaches Forschungsfeld. Entsprechend aufwändig ist die Technik, um Daten zu sammeln und auszuwerten.

Wer die Meere erforscht, braucht modernste Technik. Ohne Hilfsmittel können Menschen unter Wasser nicht atmen, je nach Lichtverhältnissen unterhalb von 100 bis 200 Metern auch nichts sehen und die Organe halten dem Druck der Tiefe nicht stand. Darum ist es zunächst einmal wenig erstaunlich, dass insbesondere die Tiefen der Ozeane bislang noch weitgehend unerforscht sind.

Mit dem technischen Fortschritt sind aber auch die Möglichkeiten gestiegen, die Geheimnisse der Meere zu entdecken. Unter anderem mit Forschungs-U-Booten, Unterwasserrobotern, autonomen Unterwasser-Fahrzeugen oder festen Mess-Stationen am Meeresboden und an der Oberfläche können Bilder und Videos aufgenommen, Proben gesammelt oder Daten wie Salzgehalt, Temperatur oder pH-Wert des Wassers gemessen werden. In den meisten Fällen ist es nicht notwendig, dass Menschen dafür vor Ort unter der Wasseroberfläche sind. 

Doch auch die Technik muss dabei hohe Anforderungen erfüllen. Einerseits müssen die Geräte robust genug sein, um den Umweltbedingungen im Meer standhalten zu können und Wind, Wellen und Strömungen genauso wie Kälte, hohem Druck und Salzgehalt zu trotzen. Ganz besonders, wenn sie über einen längeren Zeitraum zum Einsatz kommen. Andererseits müssen sie präzise genug sein, um ihre Aufgaben zuverlässig zu erfüllen. Solche Forschungsgeräte gibt es nicht mit einem Klick im Internet zu kaufen. In den Werkshallen der Meeresinstitute entwickeln und bauen vielmehr spezialisierte Ingenieur:innen und Techniker:innen individuelle Lösungen, die den Anforderungen der Forschenden genauso entsprechen wie den widrigen Umweltbedingungen im oder am Meer. Doch das ist noch nicht alles: Die Geräte dürfen auch nicht zu groß oder schwer sein, da sie auf Schiffe transportiert werden müssen und der Platz dort begrenzt ist. Gleichzeitig muss es möglich sein, sie an Bord zu warten oder bei Problemen zu reparieren. 

Dabei es muss nicht immer High Tech sein. Manchmal reichen auch Kescher und Eimer. Es kommt bei der Meeresforschung stark darauf an, wo Proben genommen werden. In Küstengewässern und an der Meeresoberfläche gibt es ganz andere Möglichkeiten und Herausforderungen, als in der Tiefsee. Grob gesagt lässt sich das Meer in drei Bereiche einteilen: Den lichtdurchfluteten Bereich an der Oberfläche und in Küstennähe, die Wassersäule (Pelagial) und den Boden (Benthal)  Für die verschiedenen Bereiche im Meer gibt es jeweils andere Geräte.

Forschungsgeräte im Meer

Generell können Forschungsgeräte, die im Meer zum Einsatz kommen, grob in mehrere Kategorien eingeteilt werden. Es gibt

  • Geräte zum Erheben von Daten an der Meeresoberfläche. Das kann zum Beispiel über Sonare oder Sensoren an Forschungsschiffen erfolgen, über Drohnen oder über autonome Oberflächenfahrzeuge (ASV), also unbemannte schwimmende Geräte im Wasser, die meteorologische und ozeanographische Daten erfassen.
  • Geräte zur Messung und Probenahme in der Wassersäule, wie CTD-Sonden, die den Salzgehalt (Conductivity), Temperatur und Tiefe (Depth) messen, Niskin-Flaschen, mit denen Wasserproben in definierten Tiefen genommen werden, Planktonnetze, mit denen Mikroorganismen abgefischt werden oder Strömungsmesser, die Geschwindigkeit und Richtung von Meeresströmungen messen.
  • Geräte für den Meeresboden, wie Sedimentgreifer, die Bodenproben nehmen, Bohrgeräte für geologische Bohrkerne aus dem Meeresboden oder seismische Messegräte, die Strukturen an und unter dem Meeresboden erfassen.
  • Unterwasserfahrzeuge. Darunter beispielsweise ROVs (Remotely Operated Vehicles), das sind ferngesteuerte Unterwasserroboter mit Kameras, Greifarmen und Sensoren. Oder AUVs (Autonomous Underwater Vehicles), das sind autonome, schwimmende Geräte oder Crawler am Boden, die über einen bestimmten Zeitraum unabhängig agieren und selbstständig Karten erstellen, Proben nehmen oder Strömungen messen. Schließlich gibt es auch Tauchboote und bemannte Tiefsee-U-Boote für direkte Beobachtungen und Probenahmen in großen Tiefen.
  • Stationäre Beobachtungssysteme wie feste Messbojen, die dauerhaft Temperatur, Salzgehalt, Wellenhöhe und andere Parameter erfassen, an Kabel angeschlossene Unterwasser-Observatorien, die langfristig chemische, physikalische und biologische Daten aufzeichnen oder Glider, also langsam sinkende und steigende feste Geräte, die über vertikal Daten sammeln.

Meeresforschung an Land

Meeresforschung findet aber nicht (nur) vor Ort statt. Zwar werden auf Forschungsschiffen erste Proben analysiert und Daten ausgewertet – die eigentliche Arbeit folgt aber an Land, in den Laboren. Dort stehen ganz andere Forschungsgeräte: Zum Beispiel High-Tech-Mikroskope, Massenspektrometer oder Gas-Chromatografen, die Einblicke den Aufbau von und Abläufe in Zellen bieten oder Stoffgemische trennen und analysieren können. Gleichzeitig müssen die Proben aus dem Meer aufbewahrt und für Experimente aufbereitet werden. Dafür gibt es verschiedene Methoden, die wiederum spezielle Geräte erfordern.

Die Ausstattung an Land

Auch die Forschungsinfrastruktur an Land kann grob in verschiedene Kategorien eingeteilt werden:

  • Analytische Laborgeräte, wie Massenspektrometer zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung von Wasser-, Sediment- oder Gasproben, Gaschromatographen zur Analyse flüchtiger organischer Verbindungen in Meerwassern oder Sedimenten, Elektronenmikroskope zur Untersuchung winziger Organismen, Mineralstrukturen oder Partikel aus dem Meer, Durchflusszytometer zur Analyse und Zählung von Mikroplankton und Bakterien oder Spektrometer (UV/VIS, Infrarot) zum Messen von Pigmenten, Nährstoffen oder Schadstoffen.
  • Probenvorbereitungs- und Testsysteme, wie Trockenschränke und Gefriertrockner zur Konservierung von biologischem und geologischem Material. Zentrifugen zur Trennung von festen und flüssigen Bestandteilen in Proben. Autoklaven zum Sterilisieren von Geräten und Proben oder Aquarien- und Mesokosm-Anlagen zur Nachbildung von Meerwasser-Umgebungen für Experimente unter kontrollierten Bedingungen.
  • Fernerkundung und Datenerfassung an Land, wie Küstenradarsysteme zum Erfassen Strömungen und Wellengang in Küstennähe oder meteorologische Messstationen an Küsten, um Wetter- und Klimadaten für die Ozeanmodellierung zu sammeln.
  • IT- und Datenverarbeitungssysteme, wie Supercomputer zur Modellierung von Ozeanströmungen, Klimawandel-Effekten oder Tsunami-Ausbreitung, Geoinformationssysteme (GIS) zur Kartierung und Analyse von Meeres- und Küstendaten oder Datenserver und Sensor-Netzwerke zur Verarbeitung und Archivierung von Langzeitmessungen.

So ist die Technik an Land ebenfalls teuer und aufwändig, darum haben nicht alle Forschungsinstitute alle Geräte vor Ort. Besonders analytische Laborgeräte stehen meist in größeren Forschungsinstituten, Universitäten oder Speziallaboren. Über eine enge Zusammenarbeit der Einrichtungen können institutsfremde Wissenschaftler:innen aber Zeit an Geräten buchen. 

Datenportale als Gedächtnisse und Ressourcen

Die erhobenen Daten werden alle an Datenportale übermittelt, wo sie gespeichert werden. Wissenschaftler:innen können sie anschließend durchsuchen, auswerten und nach relevanten Treffern für ihre eigenen Forschungsfragen suchen. Aktuell existieren allerdings zahlreiche verschiedene Portale, die an den unterschiedlichen Instituten betrieben werden und die nicht miteinander vernetzt sind. So wird der Datenschatz, der Tag für Tag gesammelt wird, nicht optimal genutzt.

Die in der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) zusammengeschlossenen Meeresforschungseinrichtungen haben daher im Bereich Datenmanagement und Digitalisierung die Initiative gestartet, den offenen und einheitlichen Zugang zu dezentralen Datensätzen der deutschen Meeresforschung zu verbessern. Dafür müssen Strukturen und Prozesse angepasst werden sowie Standards für die Datenaufbereitung gelten. Dies erfolgt bereits mit den so genannten FAIR-Prinzipien: Findable (auffindbar), Accessible (zugänglich), Interoperable (interoperabel), Reusable (wiederverwendbar). Über das Portal Meeresforschung sind inzwischen viele Datensätze nach diesen Prinzipien allgemein zugänglich.  

Das Ziel ist, Forschungsdaten langfristig und nachhaltig für Wissenschaft und Gesellschaft zugänglich zu machen.

 

Die DAM wird gefördert von der Bundes­regierung und den fünf nord­deutschen Bundes­ländern