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Focus

Protected areas for coasts, seas and oceans

Marine protected areas are an important instrument for strengthening biodiversity, ecological functions and services - provided that protective measures are implemented effectively.

Meeresschutzgebiete sollen marine Lebewesen und Ökosysteme vor Eingriffen bewahren, indem sie bestimmte Aktivitäten des Menschen verbieten oder regulieren. Es gibt sie an Küsten, in küstennahen Meeren ebenso wie auf Hoher See. Allerdings unterscheiden sich die einzelnen Gebiete in ihren Schutzzielen und Managementansätzen stark voneinander – im schlechtesten Fall stehen Ziele und Maßnahmen nur auf dem Papier und eine wirksame Umsetzung fehlt. 

Wer Schutzgebiete ausweist und kontrolliert, hängt von der Lage ab. Die Spanne reicht von zuständigen Küstenregionen, über Staaten bis hin zu den Vereinten Nationen.

 

Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) wurde 1982 verabschiedet und trat 1994 in Kraft. Es regelt alle Nutzungsarten der Meere und bildet den rechtlichen Rahmen für die internationale Meeres-Governance. Das SRÜ enthält einen speziellen Teil zur Hohen See, der jedoch nur allgemeine Schutzmaßnahmen vorschreibt. Ein wesentlicher Meilenstein Schutz der Biodiversität der Hohen See das UN-Hochseeschutzabkommen, dessen Inkrafttreten nach der UN-Ozeankonferenz 2025 in greifbare Nähe gerückt ist. Das Abkommen ermöglicht die Ausweisung von Meeresschutzgebieten auf der Hohen See.

1. Was sind Meeresschutzgebiete?

Die Küsten, Meere und Ozeane, ihre ökologischen Leistungen, Ressourcen und Lebensgemeinschaften bilden die Grundlage auch für das menschliche Leben auf der Erde. Sie liefern uns Sauerstoff, Nahrung und Rohstoffe, schützen Küsten vor Erosion, speichern klimaschädliches Kohlendioxid und bieten Millionen Menschen Arbeit und Erholung, kulturelle Identität und Inspiration. Die Leistungen mariner Ökosysteme sind jedoch zunehmend gefährdet, weil menschliche Nutzungen und die Auswirkungen des menschgemachten Klimawandels ihnen auf vielfache Weise schaden. Im industriellen Maßstab wird zu viel Fisch gefangen, artenreiche Küsten- und Meereslebensräume wie Mangroven, Riffe und Seegraswiesen werden zerstört, Plastikmüll, Abwässer und Schadstoffe landen im Endlager Ozean, der Ausstoß von Treibhausgasen treibt den Klimawandel voran. Dieser wiederum erhöht den Hitzestress für Tiere und Pflanzen im Meer, lässt den Ozean zunehmend versauern und hat zur Folge, dass der Sauerstoffgehalt des Meerwassers sinkt. Mit jedem Zehntelgrad zusätzlicher globaler Erwärmung steigt somit das Aussterberisiko für marine Arten.(1)

Schutzgebiete regulieren oder verbieten bestimmte Aktivitäten des Menschen, um marine Lebewesen und Lebensräume zu schützen. Eine Unterschutzstellung gilt als ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die übermäßige Nutzung des Meeres und gegen das damit verbundene Artensterben.

Kein Schutzgebiet ist wie das andere

Ab wann ein Meeresgebiet jedoch tatsächlich als Schutzgebiet bezeichnet werden darf, ist schwer zu durchschauen. Staaten stellen Gebiete auf Grundlage verschiedener Regelungen unter Schutz und verwenden zum Teil auch unterschiedliche Bezeichnungen. Schutzgebiete existieren daher in unterschiedlicher Größe und Gestalt sowie mit unterschiedlichen Schutzstandards und -zielen. 

In sogenannten „No-Take-Zonen“ ist zum Beispiel jede Entnahme von Fischen, Erdöl, Erdgas, Sand, Kies oder anderen Ressourcen verboten.

In „Schutzgebieten mit Mehrfachnutzen“ hingegen zielen alle Schutzmaßnahmen darauf ab, ganz bestimmte Ressourcen oder Leistungen des Meeres zu erhalten – etwa Fischbestände für die Fischerei oder Riffe, Tangwälder und Mangrovenwälder für den Tourismus. In diesen Schutzzonen sind bestimmte menschliche Aktivitäten und Nutzungen gestattet.

Das Kernziel: Arten, Lebensräume und ihre Funktionen erhalten

Meeresschutzgebiete werden von unterschiedlichen Institutionen eingerichtet und verfolgen unterschiedliche Ziele. Ihre Ausrufung ist daher immer auch eine politische Entscheidung und selten unumstritten. Zudem gibt es verschiedene Ansätze, ein Meeresgebiet als Schutzgebiet zu klassifizieren. Ein Beispiel: Die Weltnaturschutzunion IUCN definiert ein Schutzgebiet als 

„einen klar definierten geografischen Raum, der durch rechtliche oder andere wirksame Mittel anerkannt, ausgewiesen und verwaltet wird – mit dem Ziel, die Natur sowie ihre Ökosystemleistungen und kulturellen Werte langfristig zu erhalten.“ 

Nicht als Schutzgebiete gelten nach der IUCN jene Gebiete, in denen im schädlichen Umfang gefischt, Bergbau betrieben oder andere Rohstoffe entnommen werden. Gleiches gilt für Meeresregionen, in denen nur eine einzige Art unter Schutz gestellt oder nur eine schädliche Fischereitechnik verboten ist. Denn auch in solchen Gebieten kann das Kernziel eines Meeresschutzgebietes – nämlich der langfristige Schutz und Erhalt der Meeresorganismen und ihrer Lebensräume – nicht garantiert werden.

Meeresschutzgebiete müssen laut IUCN sechs Grundanforderungen erfüllen. Sie sollen:

  1. In erster Linie auf den Erhalt der Natur abzielen,
  2. konkrete Schutzziele verfolgen, die Ziele des Naturerhaltes widerspiegeln,
  3. eine geeignete Größe, Lage und Ausgestaltung besitzen, sodass Natur und Lebensräume tatsächlich geschützt und erhalten werden können,
  4. über fest vereinbarte Grenzen verfügen,
  5. einen Managementplan vorweisen, mit dem die Schutzziele erreicht werden können und
  6. von Menschen oder Institutionen initiiert worden sein, die über ausreichend Ressourcen und Kapazitäten verfügen, um den Managementplan auch umzusetzen.

Dürfen Menschen das Schutzgebiet weiterhin nutzen, müssen alle Eingriffe schonend und nachhaltig erfolgen. Zudem sollten alle Aktivitäten klar reguliert und die Einhaltung der Vorschriften überwacht werden, so die IUCN.

Die sieben Schutzgebietskategorien der Weltnaturschutzunion

Abhängig von den Schutzzielen und dem dazugehörigen Managementplan teilen IUCN-Fachleute Meeresschutzgebiete in eine von sieben Schutzgebietskategorien ein. Diese reichen von vollständig geschützten Gebieten mit einem vollständigen Entnahmeverbot bis hin zu Gebieten, die weiterhin umfangreich durch Menschen genutzt werden. Je höher der Schutzgrad, desto deutlicher werden die Nutzung und Ausbeutung der betroffenen Ökosysteme eingeschränkt.

Kategorie Bezeichnung des Schutzgebiets Schutzziele und Maßnahmen
Ia Streng geschütztes Naturreservat Strenger Schutz der biologischen Vielfalt, ggf. auch geologischer oder geomorphologischer Merkmale; der Besuch, die Nutzung und die Auswirkungen des Menschen werden kontrolliert und begrenzt.
Ib Wildnisgebiet (großes unverändertes oder leicht verändertes Gebiet ohne dauerhafte oder nennenswerte menschliche Besiedlung, das seinen natürlichen Charakter und Einfluss bewahren soll) Schutzgebiet, das hauptsächlich für Forschungszwecke oder zum Erhalt großer, unbeeinflusster Wildnis-Areale verwaltet wird.
II Nationalpark (großes natürliches oder naturnahes Gebiet zum Schutz großräumiger ökologischer Prozesse mit charakteristischen Arten und Ökosystemen) Schutzgebiet, das hauptsächlich zum Schutz von Ökosystemen und zu Erholungs- zwecken verwaltet wird.
III Naturdenkmal Schutzgebiet, das hauptsächlich zum Schutz einer besonderen Naturerscheinung verwaltet wird (Unterseeberg, Unterwasserhöhle etc.).
IV Biotop-/Artenschutzgebiet mit Management Gebiet zum Schutz bestimmter Arten oder Lebensräume Schutzgebiet, für dessen Management gezielte Eingriffe erfolgen.
V Geschützte Landschaft/Geschütztes Meeresgebiet (Gebiet, in dem das Zusammenspiel von Menschen und Natur im Laufe der Zeit einen besonderen Charakter mit bedeutendem ökologischen, biologischen, kulturellen und landschaftlichen Wert hervorgebracht hat) Gebiet, dessen Management hauptsächlich auf den Schutz einer Landschaft oder eines Meeresgebietes ausgerichtet ist und der Erholung dient.
VI Ressourcenschutzgebiet oder Kulturlandschaft mit Management Schutzgebiete mit nachhaltiger Nutzung der natürlichen Ökosysteme und Lebensräume.

Eine Sonderform: Gebiete, in denen Naturschutz nebenbei erreicht werden soll

Oft nutzen Menschen Meeresgebiete für Zwecke, die nicht unmittelbar auf den Naturschutz abzielen, sich unter Umständen jedoch positiv auf die Ökosysteme auswirken und diese stärken. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Gebiete mit einem gemeinsamen Fischerei-Management
  • Meeres- und Küstenregionen, die für den Tourismus verwaltet werden
  • Windparks und Ölplattformen, die auf verschiedene Weise dazu beitragen, die biologische Vielfalt in der Umgebung von Unterwasserstrukturen zu erhöhen
  • Meeres- und Küstengebiete, die für andere Zwecke reserviert sind, gegebenenfalls aber auch dem Naturschutz dienen – zum Beispiel militärische Truppenübungsgebiete, Küstenschutzanlagen oder Schutzgebiete für Kommunikationskabel und Pipelines
  • große Meeresgebiete (zum Beispiel Nordost-Atlantik oder Ostseeraum), in denen bestimmte Arten grenzüberschreitend gesetzlich geschützt sind

Stärken diese Formen der Meeresnutzung die lokalen Ökosysteme, werden sie als „andere wirksame flächenbezogene Naturschutzmaßnahmen“ bezeichnet (englisch: Other Effective Area-Based Conservation Measures, kurz: OECMs). Derzeit sind weltweit weniger als ein Prozent der Land- und Süßwassergebiete und weniger als 0,1 Prozent der Meeresgebiete als OECMs anerkannt. 

Seitdem sich die Staatengemeinschaft jedoch dem Ziel verschrieben hat, bis zum Jahr 2030 die Ökosysteme auf mindestens 30 Prozent der Meeresfläche zu erhalten und nur noch nachhaltig zu nutzen, gewinnen OECMs als Management-Instrument an Bedeutung. Erfahrungen zeigen nämlich, dass Meeresschutzgebiete allein nicht ausreichen, um die Klima- und Artenkrise des Ozeans zu beenden. 

2. Wie viel Meeresfläche ist wo geschützt?

Die Zahl der Meeresschutzgebiete hat in den zurückliegenden Jahren stark zugenommen – überall auf der Welt. Aufgrund der unterschiedlichen Schutzgebietsdefinitionen und -standards gibt es jedoch nicht nur eine Statistik, sondern mehrere. Werden Zahlen genannt, muss daher immer berücksichtigt werden, wer die Statistik erstellt hat und welche Auswahlkriterien zugrunde gelegt wurden.

Datenbanken für Meeresschutzgebiete

Die zwei bekanntesten Datenbanken für Meeresschutzgebiete sind der Marine Protection Atlas (Atlas für Meeresschutz) und die World Database on Protected Areas (Globale Schutzgebietsdatenbank). Der Atlas für Meeresschutz wird von einer Umweltschutzorganisation erstellt, die Schutzgebietsdatenbank ist ein Gemeinschaftsprojekt der Weltnaturschutzorganisation IUCN und des Umweltprogrammes der Vereinten Nationen (UNEP).

Als umfassend vor Fischerei geschützt galten nach Angabe des Marine Protection Atlas im Februar 2025 nur drei Prozent der globalen Meeresfläche. Der Atlas listete zu diesem Zeitpunkt 221 streng geschützte Meeresgebiete, in denen die Fischerei und andere Rohstoffentnahmen oder zerstörerische Aktivitäten verboten waren (No-Take-Zonen). Die zwei größten von ihnen lagen im Südpolarmeer (Rossmeer-Schutzgebiet) sowie vor der Nordwestküste Hawaiis (Papahānaumokuākea Marine National Monument).

Viele kleinere Schutzgebiete mit Fischereiverbot fanden sich in tropischen und subtropischen Gewässern – zumeist dort, wo die Artenvielfalt besonders hoch ist. Hinzu kamen nach Angaben der WDPA-Schutzgebietsdatenbank mehr als 16.000 Schutzgebiete rund um den Erdball, in denen Fischerei und andere Rohstoffentnahmen zum Teil erlaubt waren. Zu diesen „weniger geschützten“ Arealen gehörten auch die Meeresschutzgebiete in der deutschen Nord- und Ostsee. 

Der WDPA zufolge waren im Februar 2025 insgesamt 8,34 Prozent des Weltozeans in einem gewissen Umfang geschützt. 

Aus diesem Grund wurde in der Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen festgeschrieben, dass bis zum Jahr 2020 mindestens zehn Prozent der weltweiten Meeresfläche unter Schutz gestellt werden sollten (Nachhaltigkeitsziel 14, Leben unter Wasser). Dieses Ziel wurde 2022 erweitert:

Das 30x30 Schutzziel

Bis zum Jahr 2030 sollen 30 Prozent der Meeresfläche als Schutzgebiet ausgewiesen sein, ein Drittel davon (10 Prozent der Gesamtfläche) mit vollständigem Entnahmeverbot (No-Take-Zone). Auf dieses Ziel einigten sich die Mitgliedsstaaten der internationalen Biodiversitätskonvention im Abkommen zum Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework

Die Europäische Union hat dieses Ziel in ihrer Biodiversitätsstrategie festgeschrieben. Den für die Umsetzung relevanten rechtlichen Rahmen bilden die EU-Vogelschutzrichtlinie, die europäische Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie sowie die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie.


3. Herausforderungen von Meeresschutzgebieten auf Hoher See

Die meisten Meeresschutzgebiete liegen in nationalen Gewässern, weil hier der jeweilige Küstenstaat grundsätzlich eigenständig über die Unterschutzstellung und die Schutzziele entscheiden kann. Schutzzonen in internationalen Gewässern (Hohe See) auszurufen – also fernab jeder nationalen Küste – verlangt die Zustimmung vieler Staaten und Akteure und ist dementsprechend schwieriger. Dennoch gibt es bereits Schutzgebiete auf Hoher See, so zum Beispiel die Schutzgebiete südlich der Süd-Orkney-Inseln und im Rossmeer (Antarktis, CCAMLR-Region) sowie mehrere Schutzgebiete im nordöstlichen Teil des Atlantischen Ozeans (OSPAR-Region). Das Rossmeer-Schutzgebiet ist mit einer Fläche von 1,55 Millionen Quadratkilometern das weltweit größte Meeresschutzgebiet. Die OSPAR-Schutzgebiete umfassen eine Fläche von rund 460.000 Quadratkilometern und sind damit größer als Deutschland und Österreich zusammen.

Die Einrichtung von Meeresschutzgebieten auf Hoher See wird häufig durch mangelnde Regeln und fehlende gesetzliche Grundlagen erschwert. Das neue UN-Hochseeschutzabkommen soll hier Abhilfe schaffen.

UN-Hochseeschutzabkommen: Mehr Meeresschutz in internationalen Gewässern

Rund 64 Prozent der weltweiten Meeresfläche werden nicht von einzelnen Staaten verwaltet, sondern liegen fernab der Küsten im Bereich der Hohen See. In diesen internationalen Gewässern waren menschliche Eingriffe bislang vielerorts weitgehend ungeregelt, was zur Folge hatte, dass Vorgaben zum Meeresschutz nur ungenügend umgesetzt wurden. Das neue Hochseeschutz-Rahmenabkommen der Vereinten Nationen (Langtitel: Abkommen zum Erhalt und zur nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt in internationalen Gewässern), angenommen im Juni 2023, soll das nun ändern. 

Es erlaubt den Vertragsstaaten, Meeresschutzgebiete auf Hoher See einzurichten und sieht Regelungen vor, wie Gebiete unter Schutz gestellt werden können – im Streitfall sogar durch eine Abstimmung der UN-Mitgliedstaaten. Drei Viertel aller Stimmen genügen. Auf diese Weise soll es doch noch gelingen, bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Prozent der Meeresfläche durch Schutzgebiete und andere Maßnahmen zu schützen und nachhaltig zu nutzen. 

Um das Abkommen umzusetzen, bedarf es jedoch noch sehr vieler Detailabsprachen, insbesondere mit den regionalen Fischereiorganisationen und Vertretern der regionalen Meeresabkommen. Sollte ein neu geplantes Schutzgebiet in einem Bereich der Hohen See liegen, für den es regionale Fischerei- und Meeresschutzabkommen gibt, so müssen beide Institutionen dem neuen Schutzgebiet zustimmen. Es wird außerdem viel Geld benötigt: Einer Schätzung zufolge wird die fachgerechte Planung, Umsetzung und Überwachung von Meeresschutzgebieten auf 30 Prozent der Hohen See etwa sieben Milliarden US-Dollar kosten – plus einer weiteren Milliarde US-Dollar Betriebskosten pro Jahr. Aktuell stehen weniger als ein Prozent der Hohen See unter Schutz.

Im UN-Hochseeabkommen haben sich die Mitgliedsstaaten erstmals auf eine gemeinsame Definition von Meeresschutzgebieten geeinigt. Diese lautet: 

Ein "Meeresschutzgebiet" ist ein geografisch definiertes Meeresgebiet, das ausgewiesen und verwaltet wird, um bestimmte langfristige Ziele zum Erhalt der biologischen Vielfalt zu erreichen. Eine nachhaltige Nutzung kann gegebenenfalls zugelassen werden, sofern diese mit den Schutzzielen vereinbar ist.

Eine weitere Herausforderung stellt die Überwachung von Meeresschutzgebieten in internationalen Gewässern dar, weil diese weit entfernt auf Hoher See liegen. Der Schutzerfolg hängt deshalb davon ab, ob sich alle beteiligten Akteure darauf einigen können, wer wann und wie die Umsetzung der Schutzmaßnahmen überwacht und mithilfe welcher wissenschaftlichen Untersuchungen dokumentiert wird, inwiefern sich die Unterschutzstellung positiv auf die betroffenen Ökosysteme auswirkt.

Erschwerend kommt außerdem hinzu, dass die Laufzeit von Meeresschutzgebieten auf Hoher See mitunter zeitlich begrenzt wird. Entscheidend ist hier das internationale Übereinkommen, nach dem die Unterschutzstellung erfolgte. Das Rossmeer-Schutzgebiet unter CCAMLR hat zum Beispiel eine Laufzeit von 35 Jahren. Eine Verlängerung kommt vermutlich nur dann in Frage, wenn wissenschaftlich nachgewiesen werden kann, dass die Lebensgemeinschaften des Rossmeeres eindeutig vom Schutzstatus profitiert haben. Auch deshalb sind klare Regelungen zur Überwachung und Evaluation der Schutzgebiete so entscheidend.

4. Schützen Schutzgebiete das Leben im Meer?

Die Erfolge eines Schutzgebietes lassen sich nur anhand seiner Schutzziele messen und diese unterscheiden sich häufig. Einfacher ist dagegen zu sagen, vor welchen Umweltgefahren Meeresschutzgebiete kaum bis gar nicht schützen – in erster Linie, weil die Meeres- und Luftströmungen Wärme, Wasser, Luft und alles, was sich darin befindet, bis in den letzten Winkel des Ozeans tragen. Meeresschutzgebiete bewahren ihre Bewohner demzufolge grundsätzlich weder vor steigenden Wassertemperaturen, Sauerstoffarmut und zunehmender Versauerung, noch vor Überdüngung, Verschmutzung, Krankheiten, dem Anstieg der Meeresspiegel oder vor einwandernden Arten.

Es gibt allerdings Meeresregionen, die von den Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltgefahren später betroffen sind und sein werden als andere. Schutzgebiete in diesen Regionen schaffen Rückzugsorte. Zudem gehen Forschende davon aus, dass Lebensgemeinschaften und Arten, die keinem Entnahme- oder Zerstörungsdruck durch den Menschen ausgesetzt sind, bessere Chancen haben, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen als jene, die stark belastet oder zerstört werden.

Die Wirksamkeit von Schutzgebieten hängt außerdem davon ab, inwieweit die angekündigten Schutzmaßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. Verfehlt ein Meeresschutzgebiet seine Schutzziele, weil keine der angekündigten Einschränkungen oder Maßnahmen implementiert wurde, spricht man von Schutzgebieten, die lediglich auf dem Papier existieren – englisch: Paper Parks. Aktuell gehen Expert:innen davon aus, dass die große Mehrheit der existierenden Meeresschutzgebiete – mehr als 70 Prozent – ihre Schutzziele zum Teil nicht erreichen oder sogar vollständig verfehlen.

Sie argumentieren deshalb, dass es beim Meeresschutz nicht allein auf die Größe oder Zahl der geschützten Flächen ankommt (Quantität), sondern darauf, wie gut Meeresschutzgebiete tatsächlich ihrer Schutzaufgabe nachkommen und das Einhalten der Schutzmaßnahmen überwacht wird (Qualität). Eine Rolle spielt außerdem, ob Schutzgebiete dem Erhalt lokaler Lebensräume und damit insbesondere sesshafter oder territorialer Arten dienen (Korallenriffe, Seegraswiesen, Unterseeberge, Tangwälder und anderes) oder aber ob wandernde beziehungsweise mobile Arten (zum Beispiel Fische, Haie, Wale) geschützt werden sollen. Abhängig vom Schutzziel kann die Wirksamkeit der Gebiete hier sehr unterschiedlich ausfallen.

Vorher-nachher, innen-außen: So messen Forschende den Schutzeffekt

Um den Nutzen eines Meeressschutzgebietes auf Basis von Daten bewerten zu können, müssen Wissenschaftler:innen zunächst den Ausgangszustand der Lebensgemeinschaften erfassen, bevor sie im Anschluss untersuchen können, welche biologischen Parameter sich im Zuge der Unterschutzstellung kurz- und langfristig verändern. Sie erfassen dazu vor allem die Verteilung und Bestandsdichte ausgewählter Arten, ihre Biomasse, ihre Alters- und Größenstruktur sowie den Artenreichtum der Ökosysteme in einem Planungsgebiet.

Bei der Erfolgskontrolle ziehen Forschende auch Daten aus weiter entfernt liegenden, vergleichbaren ungeschützten Meeresgebieten heran, um konkrete Schutzeffekte zu identifizieren. Dabei müssen die für den Vergleich verwendeten ungeschützten Gebiete jedoch möglichst identische Umweltbedingungen (zum Beispiel Tiefe, Strömungen, Sedimentbeschaffenheit) wie die Schutzgebiete aufweisen, um auch dadurch verursachte und somit irreführende Unterschiede in den Ergebnissen zu vermeiden. Die stetige Herausforderung bei der Erfolgsmessung lautet, andere Einflussfaktoren ausschließen zu können – etwa den Klimawandel oder die zunehmende Meeresverschmutzung. Beide können mögliche Schutzeffekte zunichte machen beziehungsweise die Ergebnisse des Vorher-Nachher-Vergleiches verfälschen.

Eine Metaanalyse zur Wirksamkeit von Meeresschutzgebieten mit Entnahmeverboten hat gezeigt, dass die biologischen Kennzahlen in der Regel steigen – allerdings oft nur innerhalb der Schutzzonen und nicht für alle untersuchten Arten gleichermaßen. Zudem gibt es große Erfolgsunterschiede von einem Schutzgebiet zum anderen, was die Frage aufwirft, warum einige das Leben im Meer besser schützen als andere.

Gemeinhin gilt: Je größer ein Schutzgebiet ist, je länger es bereits unter Schutz steht und je konsequenter alle Verbote durchgesetzt werden, desto besser erholen sich seine Bewohner, insbesondere wenn Fischerei, Kiesabbau und sonstige Rohstoffentnahmen verboten sind. Bislang gibt es allerdings nur wenige Studien, die Veränderungen des gesamten Ökosystems in den Blick nehmen und so über die Beobachtung einzelner wichtiger (Speisefisch-)Arten hinausgehen. Aus diesem Grund fehlen auch Erkenntnisse darüber, wie sich die Unterschutzstellung auf die Leistungspalette der Ökosysteme im Schutzgebiet auswirkt und welche Effekte sich innerhalb des Nahrungsnetzes ergeben. Es stellt sich zum Beispiel die Frage, wie sich ein Ökosystem verändert, wenn eine Raubfischart nicht mehr befischt wird und mit der Zeit in höherer Zahl vorkommt?

Hier ist die Meeresforschung gefragt, um mit neuen Ansätzen bessere Einblicke in die Ökosysteme und Biodiversitätsnetzwerke des Meeres zu gewinnen und ein besseres Gesamtverständnis zu entwickeln. Beides wird gebraucht, um den Nutzen von Meeresschutzgebieten genauer zu beurteilen und neue Schutzzonen besser planen zu können.

Forschung zu Effekten des Ausschlusses bodenberührender Fischerei

Im Rahmen der DAM-Forschungsmission sustainMare untersuchen Wissenschaftler:innen in dem Projekt MGF-Nordsee, wie sich Lebensräume am Meeresboden, die durch menschliche Nutzung stark beeinflusst wurden, nach dem Ausschluss von mobiler grundberührender Fischerei (MGF) entwickeln. 

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Wie lassen sich Fischbestände schützen?

Mehr als ein Viertel der weltweit überwachten Fischbestände ist überfischt. Aus diesem Grund suchen Expert:innen dringend nach Lösungen, mit denen gefährdete Fischbestände wieder aufgebaut werden können. Einige Fachleute favorisieren ein umfassendes Netzwerk aus Schutzgebieten, in denen die Fischerei vollends verboten ist. Forschungsergebnisse belegen nämlich, dass der Fischreichtum innerhalb des Schutzgebietes mit Fischereiverbot wächst und sich die Lebensgemeinschaften am Meeresboden erholen – insbesondere Muscheln, Korallen, Schwämme und andere sesshafte Organismen, die zuvor durch Bodenschleppnetze gestört worden waren.

Andere Expert:innen wiederum halten Fischereiverbotszonen für nicht zielführend und favorisieren stattdessen eine umfassende Regulierung der Fischerei, mit strengen Fangquoten, saisonal begrenzten Fangzeiten und dem Verbot zerstörerischer oder beifangreicher Fangtechniken in Gebieten mit besonders empfindlichen Lebensgemeinschaften. Ihrer Meinung nach würde ein Fischereiverbot vornehmlich dazu führen, dass betroffene Fischer in Nachbarregionen des Schutzgebietes ausweichen und die Risiken für die Meeresumwelt dort zunehmen. Weniger gefischt würde hingegen nur selten.

Die Meeresforschung liefert bislang Argumente für beide Seiten dieser Kontroverse: Modellberechnungen deuten zum Beispiel darauf hin, dass ein Schutzgebiet den Fischreichtum und die Fangmenge außerhalb seiner Grenzen stärken kann – allerdings nur, wenn die Fischbestände dieser Region ohnehin stark überfischt waren und der Fischereidruck außerhalb des neuen Schutzgebietes sehr hoch ist. In solchen Regionen mit wenig oder gar nicht regulierter Fischerei kann ein Netzwerk aus mehreren Fischereiverbotszonen helfen, dass sich die Lebensgemeinschaften in der Wassersäule und am Meeresboden erholen.

Nicht eindeutig geklärt ist dagegen, ob sich der Fischbestand eines Meeresgebietes erhöht, wenn nur Teile davon unter Schutz gestellt werden und unter welchen Umständen dies geschieht. Man weiß auch nicht, ob zum Beispiel ein ungestörtes Fisch-Laichen innerhalb eines Schutzgebietes langfristig zur Folge hat, dass auch der Fischreichtum außerhalb des Gebietes steigt.

Wandernde Meeresbewohner: Schutz zum richtigen Zeitpunkt

Schwieriger noch als der Erhalt stationärer Meereslebensräume wie Riffe, Sandbänke oder Seegraswiesen ist der Schutz wandernder Meeresbewohner. Dazu gehören insbesondere Wale, Robben, Haie, Rochen, Seevögel und Meeresschildkröten aber auch viele beliebte Speisefische wie etwa Thunfische. Diese Tiere legen mitunter Tausende Kilometer auf ihren Wanderungen zurück und befinden sich dabei häufig außerhalb von Schutzzonen.

Trotzdem können auch kleinere und mittelgroße Meeresschutzgebiete zu ihrem Schutz beitragen, wie Forschungsergebnisse zeigen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Schutzzonen in Gebieten liegen, in denen sich die Tiere zu besonders wichtigen Zeiten ihres Lebens aufhalten – etwa zur Fortpflanzung, zur Eiablage oder zur Geburt und Aufzucht ihrer Jungen. Bei Fischen müssen auch jene Regionen geschützt werden, in die Eier und Fischlarven abgetrieben werden oder in welche die Jungtiere abwandern.

Die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen hängt zudem davon ab, in welchem Maße jene Staaten zusammenarbeiten, deren Küstengewässer die Tiere auf ihren Wanderungen durchqueren. Im besten Fall bilden die Küstenstaaten ein Netzwerk aus Meeresschutzgebieten – mit Schutzkorridoren, in denen die Tiere ungestört von einer Region in die nächste wandern können. 

Doch selbst unter besten Voraussetzungen gilt: Ein Schutzgebiet kann nie allen Arten gleichzeitig gerecht werden, weil sich deren Bewegungsmuster zu sehr voneinander unterscheiden. Auch aus diesem Grund argumentieren Gegner von Schutzgebieten mit Fischereiverbot, dass Fischbestände effektiver geschützt würden, wenn überall auf dem Meer strenge Fischereivorschriften wirksam umgesetzt würden - und nicht nur in geografisch begrenzten Schutzgebieten. Eine derart nachhaltige Fischerei würde sowohl den Druck auf die Meeresumwelt reduzieren als auch die Nahrungsmittelversorgung mit Fisch und Meeresfrüchten langfristig sichern, so die Argumentation.

5. Meeresschutzgebiete planen und umsetzen

Interessenskonflikte gibt es in jeder Meeresregion und vor allem in den intensiv genutzten Küstengewässern. Sollen Meeresschutzgebiete erfolgreich umgesetzt werden, müssen die verschiedenen Ansprüche an das Meer von Anfang an berücksichtigt und die betroffenen Bevölkerungsgruppen in die Planungen mit eingebunden werden.

Unter welchen Umständen schüren Meeresschutzgebiete Konflikte?

Ein Meeresschutzgebiet ist immer mit Einschränkungen für Menschen verbunden. Oft darf nur wenig, nur zu bestimmten Zeiten oder gar nicht gefischt werden. Manchmal sind auch das Befahren, Ankern und Tauchen verboten und somit eine touristische Nutzung des Meeresgebietes ausgeschlossen. Menschen, die vor Ort von den Leistungen des Meeres leben, erfahren also Nachteile, wenn ein von ihnen (in manchen Fällen seit Generationen) genutztes Gebiet plötzlich nicht mehr auf gewohnte Weise zugänglich ist.

Infolgedessen entstehen Nutzungskonflikte, bei denen das gemeinschaftliche Interesse des Meeresschutzes dem individuellen Interesse der Einkommenssicherung entgegensteht. Oft hängt das Überleben vieler Familien von der Meeresnutzung ab. Das Ausrufen eines Schutzgebietes hat somit nicht nur eine ökologische und eine wirtschaftliche Komponente, sondern oft auch soziale Auswirkungen. Es stellt sich daher bei jedem Schutzgebiet die Frage, ob die Vorteile für den Meeres- und Artenschutz die Nachteile für die betroffenen Bevölkerungsgruppen aufwiegen und wie sich die Nachteile minimieren lassen.

Lösungsstrategien und Erfolgsfaktoren

Bewährt haben sich dafür verschiedene Ansätze. Bei der Planung kleinerer Meeresschutzgebiete in Küstennähe kann es von großem Vorteil sein, wenn die lokale Bevölkerung gemeinsam mit Fachleuten entscheidet, welche Gebiete in welchem Maße geschützt werden müssen, um die bestmöglichen Ergebnisse für Meeresumwelt und Mensch zu erzielen. Die lokalen Fischerfamilien kennen sich oft am besten mit den Ressourcen vor Ort und deren traditioneller Bewirtschaftung und Nutzung aus. Zudem setzen sich die Menschen vor Ort stärker für eine Einhaltung der Regeln ein, wenn sie diese selbst beschlossen haben und wissen, welche Ziele damit verfolgt werden.

Bei größeren Schutzgebieten auf hoher See zahlt es sich hingegen aus, wenn eine Regierung vorangeht und beispielsweise die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten koordiniert. Doch auch sie muss sicherstellen, dass alle vom späteren Schutzgebiet betroffenen Bevölkerungsgruppen in den Planungs- und Entscheidungsprozess eingebunden sind und tatsächlich auch mitentscheiden dürfen. Andernfalls werden sich die Menschen kaum an die neuen Regeln halten und auch nicht zu deren Durchsetzung beitragen.

Wissenschaftler:innen haben mittlerweile eine Reihe von Erfolgsfaktoren für die Planung und Umsetzung von Meeresschutzgebieten identifiziert. Dazu gehören:

  • alle Interessengruppen, die von dem Schutzgebiet betroffen sind, frühzeitig in die Planung einzubeziehen
  • alle Gespräche und Entscheidungen auf transparente Weise zu führen
  • der lokalen Bevölkerung alternative Einnahme- und Rohstoffquellen aufzuzeigen
  • betroffenen Menschen durch Weiterbildung, Training, technische und finanzielle Hilfe, in die Lage zu versetzen, alternative Einkommensquellen zu erschließen
  • den Planungsprozess und das Schutzkonzept an die lokalen Gegebenheiten anzupassen

Wer sich an diese Leitlinien hält, verhindert, dass neue Meeresschutzgebiete dazu beitragen, soziale Ungerechtigkeiten zu verstärken und ohnehin schon benachteiligte Bevölkerungsgruppen noch stärker zu belasten.

Alle Auswirkungen von Schutzgebieten im Blick zu haben, erfordert neue wissenschaftliche Methoden, mit denen sich die Wechselwirkungen zwischen der Meeresumwelt, ihren direkten Nutzern und anderen gesellschaftlichen Akteuren analysieren lassen. Erste Ansätze gibt es bereits. Dazu zählt die sozial-ökologische Netzwerkanalyse. Sie wird vor allem von interdisziplinär arbeitenden Fachleuten eingesetzt und versetzt die Expert:innen in die Lage, die Folgen wirtschaftlicher Einschränkungen auf die verschiedenen Nutzergruppen sowie auf die Meeresumwelt besser vorherzusagen und zu beurteilen. Von großem Nutzen sind zudem neue Fernerkundungsmethoden, mit denen sich zum Beispiel illegale Fischerei in Meeresschutzgebieten oder der Raubbau an Mangrovenwäldern besser detektieren lassen.

Für die Zukunft von Meeresschutzgebieten wird außerdem entscheidend sein, inwieweit sie mit den Lebewesen, die sie schützen sollen, mitwandern können. Als Folge des Klimawandels kommt es bereits heute zu großen Artenverschiebungen im Meer. Sollen besonders gefährdete Tiere und Pflanzen auch weiterhin geschützt werden, müssen die dazu ins Leben gerufenen Schutzgebiete flexibel geplant, überwacht und im Tempo der Artenwanderung verschoben werden. Auch diese Aufgabe setzt voraus, dass Staaten, Entscheidungsträger und Betroffene miteinander kooperieren.

Meeresgebiete erfolgreich schützen

Ein Meeresschutzgebiet erfolgreich umzusetzen, erfordert einen mehrstufigen Prozess mit zwei Phasen:

Die erste Phase ist die sogenannte Planungsphase. Sie beginnt mit der Zieldefinition, bei der alle Interessengruppen ihre Ansprüche und Erwartungen kommunizieren und gemeinsame Schutzziele festlegen. Anschließend muss ein Meeresgebiet gefunden werden, in dem sich die Schutzziele gemeinsam erreichen lassen. Fachleute sollten im nächsten Schritt den Umweltzustand und die ökonomische Bedeutung des ausgewählten Meeresgebietes untersuchen, sodass auf Basis der Forschungsergebnisse Indikatoren und deren Ausgangswert festgelegt werden können, anhand derer später die Erfolgskontrolle durchgeführt werden kann. Zu den Erfolgsindikatoren gehören in der Regel Größen wie die Biomasse und Populationsgröße bestimmter Zielarten oder aber die Besiedlungsdichte des Meeresbodens. Im Anschluss entwickeln die Beteiligten einen gemeinsamen Maßnahmenkatalog. Dieser enthält die Schutzauflagen, gegebenenfalls einen Strafenkatalog, Lösungen für mögliche wirtschaftliche und soziale Konflikte sowie Pläne zur Finanzierung, Kontrolle und Überwachung aller Maßnahmen.

Sowie das Meeresschutzgebiet dann ausgerufen ist, schließt sich die zweite, sogenannte Evaluationsphase an. Expert:innen überprüfen dabei in regelmäßigen Abständen die festgelegten Schlüsselindikatoren innerhalb des Schutzgebietes und außerhalb und gleichen deren Entwicklung (Ist-Zustand) mit den Schutzzielen (Soll-Zustand) ab. Stellen Sie Fehlentwicklungen fest, muss der Managementplan oder unter Umständen die Lage des Schutzgebietes entsprechend angepasst werden.

6. Meeresschutzgebiete in der deutschen Nord- und Ostsee

Fast 45 Prozent der deutschen Nord- und Ostsee sind ausgewiesene Schutzgebiete. Diese dienen zum einen dem Schutz von Meeressäugern wie Schweinswal und Kegelrobbe. Zum anderen sollen sie Fischarten wie Stör und Finte sowie zahlreichen Seevogelarten sichere Rückzugsorte bieten und dazu beitragen, bedeutsame Lebensräume wie Riffe und Sandbänke zu erhalten. Die dazu notwendigen Schutzmaßnahmen sind allerdings noch nicht vollständig umgesetzt.

Zu den deutschen Meeresschutzgebieten gehören drei Wattenmeer-Nationalparks in der Nordsee, zwei Nationalparks in den Küstengewässern Mecklenburg-Vorpommerns, sechs Naturschutzgebiete in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ, in einer Entfernung von 12 bis maximal 200 Seemeilen vor der Küste. Siehe Karte) sowie weitere Natura-2000-Schutzgebiete in den Küstengewässern. Dabei handelt es sich um Meeresgebiete, die zu einem EU-weiten Schutzgebietsnetzwerk gehören.

Bund und Küstenländer in der Verantwortung

Die küstennahen Schutzgebiete werden von den Küstenländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern verwaltet. Für die Naturschutzgebiete in der AWZ ist der Bund verantwortlich, vertreten durch das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Naturschutz (BfN). Die BfN-Fachleute haben die entsprechenden Managementpläne erstellt. Die Schutzzonen in der AWZ sind zudem in der marinen Raumordnung festgeschrieben. Diese legt fest, für welche Zwecke die Meeresgebiete in der deutschen AWZ genutzt werden dürfen. 

Alle Bewertungen zum Zustand und möglichen Veränderungen der Lebensgemeinschaften in den Meeresschutzgebieten der Nord- und Ostsee erfolgen auf Basis der europäischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. Dieses Regelwerk bildet den übergreifenden Aktions- und Bewertungsrahmen. Mit ihm hatte sich die Europäische Union im Jahr 2008 dem Ziel verschrieben, den Schutz und die Nutzung der europäischen Meere in Einklang zu bringen. Dafür sollten der Umweltzustand der Meere bis zum Jahr 2020 deutlich verbessert und die Ökosysteme langfristig erhalten werden. Der mit der Richtlinie verbundene Aktionsplan aber wurde in den zurückliegenden Jahren deutlich schleppender umgesetzt als erhofft. Der geforderte gute Umweltzustand der europäischen Meere ist noch längst nicht erreicht.

Umweltzustand von Nord- und Ostsee

Alle sechs Jahre bewerten Fachleute den Umweltzustand der deutschen Meeresgebiete. Der umfassende Bericht für 2024 zeigt, dass es der deutschen Nord- und Ostsee nicht gut geht. Dieser Fokus fasst die Ergebnisse der Zustandsberichte für die deutschen Küsten- und Meeresgewässer zusammen.

Direkt zum Fokus

Schutzaufträge des Meeresnaturschutzes in Deutschland

Der Meeresnaturschutz umfasst verschiedene Schutzaufträge, die sich auf bestimmte Schutzgüter richten. Wesentliche Bestandteile sind neben dem Artenschutz der Gebietsschutz sowie die Erhaltung, Wiederherstellung oder die Entwicklung von Biotopen und Biotopverbünden. Dazu gehören zum Beispiel Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen, Riffe, Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich.

Schutzgebiete mit vielfachem Nutzen

Die meisten deutschen Meeresschutzgebiete unterliegen den Natura 2000-Schutzkriterien. Das heißt, bestimmte Aktivitäten sind generell untersagt, um gemäß der jeweiligen Schutzziele ausgewählte Arten und Lebensräume nicht zu gefährden. Verboten sind zum Beispiel das Bauen von Anlagen und Bauwerken, die Fischerei mit geschleppten, bodenberührenden Fanggeräten oder Stellnetzen, das Errichten von Aquakulturen und das Einbringen von Baggergut.

Andere Nutzungen hingegen sind in den meisten Schutzzonen gestattet. 17 verschiedene Nutzungsformen listen Fachleute allein für die Meeresschutzgebiete in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in der Ostsee – darunter die Freizeit- und Berufsschifffahrt, die Fischerei, das Verlegen von Kabeln und Pipelines sowie militärische Übungen auf, unter sowie über dem Wasser. In einigen Gebieten ist auch die Bodenschleppnetzfischerei noch immer erlaubt.

Das Schutzgebietssystem Natura 2000

Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 dient dem Erhalt und der Wiederherstellung der biologischen Vielfalt an Land und im Meer. Die zehn Natura 2000-Gebiete in der deutschen auschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee sind als sechs Naturschutzgebiete unter Schutz gestellt. Mehr Informationen zu diesen nationalen Meeresschutzgebieten und ihrem Management bietet das Bundesamt für Naturschutz: Nationale Meeresschutzgebiete

Das Weltnaturerbe Wattenmeer

Das Wattenmeer ist eine einzigartige und artenreiche Küstenlandschaft. 2009 wurde das Wattenmeer in das UNESCO-Weltnaturerbe aufgenommen. Dänemark, Deutschland und die Niederlande arbeiten gemeinsam daran, diese von Ebbe und Flut geprägte Landschaft für heutige und zukünftige Generationen zu schützen und zu erhalten.

Zum Weltnaturerbe Wattenmeer

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The federal government and the governments of the five northern German states support the current development and sponsor the DAM